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Kurzverzeichnis der 35 in dieser Ausgabe enthaltenen Schriften:

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PdE   PdS   HdS   DSE   WS   SW   GF   GK   VM  VS  GG  KS   AD   DS   SL   AL   EH   ML

Elftes Bild.

PdE, 121-127

 

(Der Sonnen-Tempel; oberirdisch, verborgene Mysterienstätte der Hierophanten.)

 

Retardus: (vor ihm Capesius und Strader.)

Ihr habt mir bittre Not gebracht.

Das Amt, das euch von mir gegeben war,

Ihr habt es schlecht verwaltet.

Ich fordre euch vor meinen Richterstuhl.

Capesius, ich gab dir hohe Geistesart,

So daß Ideen vom Menschenstreben

Anmutvoll deiner Rede Inhalt waren

Und überzeugend hätten wirken sollen.

Ich lenkte deine Wirksamkeit in Kreise,

In denen du Johannes und Maria trafest.

Du hättest ihre Neigung für das Geistesschauen

Verdrängen sollen durch die Kraft,

Die deine Worte hätten wirken sollen.

Statt dessen übergabst du selbst dich nur

Der Wirkung, die von ihnen kommt.

Dir, Strader, öffnet ich den Weg

In sichre Wissensbahnen.

Du solltest durch das strenge Denken

Die Zauberkraft der Geistesschau zerstören.

Doch mangelt dir des Fühlens Sicherheit.

Die Kraft des Denkens, sie entwand sich dir,

Wo dir Gelegenheit zum Sieg sich bot.

Es ist mein Schicksal euren Taten eng verbunden.

Durch euch gehn jene beiden Wahrheitsucher

Für alle Zukunft meinem Reich verloren.

Ich muß die Seelen an die Brüder überliefern.   |122

Capesius:

Ich konnte dir ein guter Bote niemals sein.

Du gabst mir Kraft, das Menschenleben darzustellen.

Ich konnte schildern, was die Menschen

Zur einen oder andern Zeit begeistert;

Doch war es mir nicht möglich,

Den Worten, welche das Vergangne malten,

Die Kraft zu geben, Seelen ganz zu füllen.

Strader:

Die Schwäche, welche mich befallen mußte,

Sie ist das Abbild nur der deinen.

Du konntest mir das Wissen schenken;

Doch nicht die Kraft, zu stillen alle Sehnsucht,

Die in dem Menschenherzen nach der Wahrheit strebt.

Ich mußte stets in meinem Innern

Noch andre Kräfte fühlen.

Retardus:

Ihr seht die Wirkung eurer Schwäche.

Es nahen schon die Brüder mit den Seelen,

In welchen sie mich überwinden werden.

Johannes und Maria folgen ihrer Macht.

(Benedictus mit Lucifer, Ahriman, dahinter Johannes und Maria.)

Benedictus (zu Lucifer):

 Johannes’ und Marias Seelen,

Sie haben Raum nicht mehr für blinde Kraft;

Sie sind zum Geistessein erhoben.

Lucifer:

Ich muß die Seelen wohl verlassen.

Die Weisheit, welche sie errungen,

Sie gibt die Kräfte, mich zu schauen.

Ich habe über Seelen nur Gewalt,

So lang sie mich nicht schauen können.

Doch bleibt die Macht bestehn,

Die mir im Weltenwerden zugeteilt.

Und kann ich ihre Seelen nicht versuchen,

Wird meine Kraft im Geiste ihnen erst

Die schönsten Früchte reifen lassen.   |123

Benedictus (zu Ahriman):

Johannes’ und Marias Seelen,

Sie haben Irrtums Finsternis in sich vertilgt.

Das Geistesauge haben sie eröffnet.

Ahriman:

Ich muß auf ihren Geist verzichten.

Sie werden sich zum Lichte wenden;

Doch bleibt mir’s unbenommen,

Die Seelen mit dem Scheine zu beglücken.

Sie werden nicht mehr glauben,

Daß er die Wahrheit sei,

Doch schauen können,

Wie er sie offenbart.

Theodosius (zur andren Maria):

Es war dein Schicksal eng verbunden

Mit deiner höhern Schwester Leben.

Ich konnte ihr der Liebe Licht,

Doch nicht der Liebe Wärme geben,

Solange du beharren wolltest,

Dein Edles aus dem dunklen Fühlen nur

In dir erstehn zu lassen,

Und nicht in vollem Weisheitslichte

Es klar zu schauen dir erstrebtest.

In dunkler Triebe Wesen reicht

Des Tempels Einfluss nicht,

Auch wenn sie Gutes wirken wollen.

Die andre Maria:

Ich muß erkennen, daß ein Edles nur

Im Lichte heilsam wirken kann,

Und wende mich zum Tempel.

Mein Fühlen soll in Zukunft

Dem Liebeslicht nicht seine Wirkung rauben.

Theodosius:

Durch deine Einsicht gibst du mir die Kraft,

Marias Seelenlicht den Weg zur Welt zu bahnen.   |124

Es mußte stets die Macht verlieren

An Seelen deiner frühern Art,

Die Licht mit Liebe nicht verbinden wollen.

Johannes (zur andren Maria):

Ich schau in dir die Seelenart,

Die auch im eignen Innern mich beherrscht;

Den Weg zu deiner höhern Schwester,

Ihn konnte ich nicht finden,

So lang in mir der Liebe Wärme

Vom Liebeslicht getrennt sich hielt.

Das Opfer, welches du dem Tempel bringst,

In meiner Seele soll es nachgebildet sein.

In ihr soll Liebeswärme sich

Dem Liebeslichte opfern.

Maria:

Johannes, du erwarbest dir im Geisterreich

Erkenntnis jetzt durch mich;

Du fügst zur Geisterkenntnis Seelensein,

Wenn du die eigne Seele findest,

Wie du die meine hast gefunden. 

             

Philia:

Es wird aus allem Weltenwerden

Die Seelenfreude sich dir offenbaren.

Astrid:

Es wird dein ganzes Sein

Die Seelenwärme jetzt durchleuchten können.

Luna:

Du wirst dich selber leben dürfen,

Wenn Licht in deiner Seele leuchten kann.

Romanus (zu Felix Balde):

Du hieltest dich dem Tempel lange fern;

Du wolltest nur Erleuchtung anerkennen,

Wenn eigner Seele Licht sich offenbarte.

Die Menschen deines Wesens rauben mir die Kraft,   |125

Mein Licht zu geben Erdenseelen.

Sie wollen nur aus dunklen Tiefen schöpfen,

Was sie dem Leben bringen sollen.

Felix Balde:

Es hat der Menschenwahn nun selbst

Aus dunklen Tiefen mir das Licht gewiesen

Und mich den Weg zum Tempel finden lassen.

Romanus:

Daß du den Weg hieher gefunden,

Kann mir die Kraft verleihn,

Johannes und Maria

Den Willen zu erleuchten,

Daß er nicht blinden Mächten folge,

Daß er aus Weltenzielen

Sich seine Richtung gibt.

Maria:

Johannes, du hast dich nun selbst

Im Geist an meinem Selbst geschaut;

Du wirst als Geist dein Sein erleben,

Wenn Weltenlicht in dir sich schauen kann.

Johannes (zu Felix Balde):

Ich schau in dir, mein Bruder Felix,

Die Seelenkraft, die mir im eignen Geist

Den Willen hielt gebunden.

Du hast den Weg zum Tempel finden wollen;

Ich will in meinem Geist der Willenskraft

Den Weg zum Seelentempel weisen.

Retardus:

Johannes und Marias Seelen

Entringen meinem Reiche sich.

Wie sollen sie nun finden,

Was meiner Macht entspringt?

Solang im eignen Innern

Des Wissens Gründe ihnen fehlten,   |126

Erfreuten sie sich meiner Gaben;

Gezwungen seh’ ich mich,

Von ihnen abzulassen.

Frau Balde:

Daß ohne dich der Mensch

Zum Denken sich befeuern kann,

Ich habe dir’s gezeigt.

Aus mir entströmt ein Wissen,

Das Früchte tragen darf.

Johannes:

Es soll dies Wissen sich dem Licht vermählen.

Das aus des Tempels vollem Quell

Den Menschenseelen leuchten kann.

Retardus:

Capesius, mein Sohn,

Du bist verloren;

Du hast dich mir entzogen,

Bevor des Tempels Licht dir leuchten kann.

Benedictus:

Er hat den Weg begonnen.

Er fühlt das Licht

Und wird die Kraft gewinnen,

In eigner Seele zu ergründen,

Was ihm Felicia bis jetzt erzeugen muß.

Strader:

Verloren scheine ich allein.

Ich kann die Zweifel selbst nicht bannen,

Und wiederfinden werde ich doch sicher nicht

Den Weg, der zu dem Tempel führt.

Theodora:

Aus deinem Herzen

Entschwebt ein Lichtesschein,

Ein Menschenbild entringt sich ihm.

Und Worte kann ich hören,   |127

Die aus dem Menschenbilde kommen;

Sie klingen so:

»Ich habe mir errungen

Die Kraft, zum Licht zu kommen.«

Mein Freund, vertraue dir!

Du wirst die Worte selber sprechen,

Wenn deine Zeit erfüllt wird sein.

(Vorhang fällt.)

   

Die Pforte

der Einweihung

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