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Kurzverzeichnis der 35 in dieser Ausgabe enthaltenen Schriften:

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PdE   PdS   HdS   DSE   WS   SW   GF   GK   VM  VS  GG  KS   AD   DS   SL   AL   EH   ML

Viertes Bild.

PdE, 58-69

(Eine Landschaft, die durch ihre Eigenart den Charakter der Seelenwelt ausdrücken soll.)

(Es treten auf zuerst Lucifer und Ahriman; Johannes ist, in Meditation versunken, an der Seite sichtbar; das Folgende wird von ihm in der Meditation erlebt.)

Lucifer:

O Mensch, erkenne dich,

O Mensch, empfinde mich.

Du hast dich entrungen

Der Geistesführung

Und bist geflohn

In freie Erdenreiche.

Du suchtest eignes Wesen

In Erdenwirrnis;

Dich selbst zu finden,

Es ward dir Lohn,

Es ward dein Los.

Du fandest mich.

Es wollten Geister

Dir Schleier vor die Sinne legen.

Ich riß entzwei die Schleier.

Es wollten Geister

In dir nur ihrem Willen folgen.

Ich gab dir Eigenwollen.

O Mensch, erkenne dich,

O Mensch, empfinde mich.    |59

Ahriman:

O Mensch, erkenne mich,

O Mensch, empfinde dich,

Du bist entflohen

Aus Geistesfinsternis.

Du hast gefunden

Der Erde Licht.

So sauge Kraft der Wahrheit

Aus meiner Festigkeit.

Ich härte sichern Boden.

Es wollten Geister

Der Sinne Schönheit dir entreißen.

Ich wirke diese Schönheit

In dichtem Licht.

Ich führe dich

In wahre Wesenheit.

O Mensch, erkenne mich,

O Mensch, empfinde dich.

Lucifer:

Es gab nicht Zeiten,

Da du mich nicht erlebtest.

Ich folgte dir durch Lebensläufe.

Erfüllen durft ich dich

Mit starker Eigenheit,

Mit Selbstseinsglück.

Ahriman:

Es gab nicht Zeiten,

Da du mich nicht erschautest.

Mich schauten deine Leibesaugen

In allem Erdenwerden.

Erglänzen durft ich dir

In stolzer Schönheit,

In Offenbarungsseligkeit.

Johannes (in der Meditation zu sich selbst):

Das ist das Zeichen, von dem Benedictus sprach.

Die beiden Mächte stehen vor der Seelenwelt.

Die Eine lebt im Innern als Versucher,   |60

Die Andre trübt den Blick,

Wenn er nach außen ist gerichtet.

Die eine nahm des Weibes Form jetzt an,

Das mir den Seelenwahn vors Auge brachte,

Die andre findet sich in allen Dingen.

(Es tritt auf der Geist der Elemente mit Capesius und Strader, die er aus Erdentiefen zur Erdenoberfläche gebracht hat. Es ist zu denken, daß sie die Erdenoberfläche als Seelen sehen.)

Geist der Elemente:

So seid ihr denn am Orte,

Den ihr so heiß ersehnt.

Es machte mir gar schwere Sorge,

Den Wunsch euch zu erfüllen.

In wildem Sturme rasten

Die Elemente und die Geister,

Als ihr Bereich betreten

Ich mußt’ mit eurem Wesen;

Es widerstrebte euer Sinn

Dem Walten meiner Kräfte.

Capesius (verjüngt):

Geheimnisvolles Wesen.

Wer bist du,

Der mich durch Geistersphären

In dieses schöne Reich gebracht?

Geist der Elemente:

Mich schaut die Menschenseele,

Erst wenn zu Ende ist

Der Dienst, den ich ihr leiste.

Doch folgt sie meinen Mächten

Durch alle Zeitenläufe.

Capesius:

Es drängt nur wenig mich,

Zu fragen nach dem Geist,

Der mich hierher geführt.

Ich fühle in dem neuen Feld

Erwarmen meines Lebens Kräfte.

Dies Licht, es weitet mir die Brust.   |61

Ich spüre alle Macht der Welt

In meinen Pulsen schlagen.

Und Vorgefühl der höchsten Leistung

Entringt sich meinem Herzen.

Ich will in Worte wandeln

Des Reiches Offenbarung,

Das herrlich mich erquickt.

Und Menschenseelen sollen

Zu schönstem Sein erblühn,

Wenn ich Begeistrung aus den Quellen,

Die hier mir fließen,

Eröffnen kann dem Leben.

(Blitz und Donner aus den Tiefen und Höhen.)

Strader (gealtert):

Warum erbebt die Tiefe,

Warum erdröhnt die Höhe,

Da schönste Hoffnungsträume

Entringen sich der jugendlichen Seele?

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Euch Menschenträumern

Erklingt gar stolz solch Hoffnungswort;

Doch ruft in Weltentiefen

Des irren Denkens Wahn

Solch Echo immerdar.

Ihr hört es nur in Zeiten,

Die euch in meine Nähe führen.

Ihr glaubt der Wahrheit

Erhabne Tempel zu erbauen,

Doch eurer Arbeit Folge

Entfesselt Sturmgewalten

In Urwelttiefen.

Es müssen Geister Welten brechen,

Soll euer Zeitenschaffen

Verwüstung nicht und Tod

Den Ewigkeiten bringen.   |62

Strader:

So wäre vor den Ewigkeiten

Ein irrer Wahn,

Was Wahrheit scheint

Dem besten Menschenforschen!

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Ein irrer Wahn,

So lang der Sinn nur forscht

Im geisterfremden Reich.

Strader:

Du magst wohl Träumer nennen

Die jugendfrohe Freundesseele,

Die mit so edler Feuerkraft

Das Ziel sich wacker malt.

In meinem alten Herzen

Erstirbt jedoch dein Wort,

Trotz Sturm und Donner,

Die es zu Helfern hat.

Ich rang mich aus dem Klosterfrieden

Zu stolzem Forschersinn.

Ich habe viele Jahre lang

Im Lebenssturm gestanden.

Man glaubt mir, was

Aus tiefstem Wahrheitssinn

Ich Menschen anvertraut.

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Es ziemt dir, zu bekennen,

Daß niemand wissen kann,

Woraus des Denkens Quellen strömen,

Und wo des Daseins Gründe liegen.

Strader:

O dieses Wort, es ist das gleiche,

Das in der Jugend Hoffnungstagen

In eigner Seele mir

So grausig oft erklungen,   |63

Wenn festgeglaubte Stützen

Im Menschendenken wankten.

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Bezwingst du mich

Mit deinen stumpfen Denkerwaffen nicht,

Bist mehr du nicht

Als flüchtig Truggebild

Des eignen Wahnes nur.

Strader:

Schon wieder solch ein schaurig Wort.

Auch dies erklang mir einst

Aus meinem eignen Innern,

Als eine Seherin

Den Kreis des sichern Denkens mir zerstören,

Und mich des Zweifels Stachel

Bedrohlich wollte fühlen lassen.

Doch das ist wohl vorbei.

Ich trotze deiner Macht,

Du Alter, der des eignen Wesens Abbild

In des Naturgebieters Maske

So täuschend mir versinnlicht.

Es wird Vernunft dich niederzwingen.

Doch anders, als du meinst.

Hat sie im Menschen erst

Erstiegen ihre stolze Höhe,

Wird sie die Meisterin wohl sein

Und nicht die Dienerin in der Natur.

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Es ist die Welt geordnet so,

Daß Leistung stets verlangt

Die Gegenleistung.

Ich habe euch das Selbst gegeben;

Ihr schuldet mir den Lohn.

Capesius:

Ich will aus meiner Seele schaffen   |64

Der Dinge geistig Ebenbild.

Und wenn Natur, zu Idealen

Verklärt, ersteht in Menschenwerken,

Ist sie belohnt genug

Durch ihre echte Spiegelung.

Und wenn du selber

Verwandt dich fühlst

Der großen Weltenmutter

Und aus den Tiefen stammst,

Wo Urweltmächte walten,

So laß dir meinen Willen,

Der zu den hohen Zielen

In Kopf und Brust mir lebt,

Den Lohn sein deiner Tat.

Sie hat aus stumpfem Fühlen

Zu stolzem Denken mich gehoben.

(Blitz und Donner.)

Geist der Elemente:

Ihr konntet sehen,

Wie wenig eure kühnen Worte

In meinem Reiche gelten.

Den Sturm entfesseln sie,

Und Elemente rufen sie

Zu aller Ordnung Gegnern auf.

Capesius:

So magst du holen dir

Den Lohn, wo du ihn findest;

Des Menschen Seelentriebe müssen

Auf echten Geisteshöhen

Sich selber Maß und Ordnung geben.

Er kann nicht schaffen,

Wenn seines Schaffens Werk

Die andern nutzen wollen.

Es ist des Vogels Lied,

Das aus der Kehle dringt,

Sich selbst genug.

Und so ist Lohn dem Menschen auch,   |65

Wenn schaffend er

Im Wirken Seligkeit erlebt.

(Blitz und Donner. )

Geist der Elemente:

Es geht nicht an,

Daß ihr den Lohn mir weigert;

Und könnt ihr selbst ihn mir nicht leisten,

So sagt der Frau,

Die euren Seelen Kraft verleiht,

Daß sie für euch bezahle.

(Der Geist der Elemente verschwindet.)

Capesius:

Er ist fort.

Wohin wohl wenden wir uns nun?

Zurecht erst uns zu finden

In diesen neuen Welten,

Wird unsre Sorge sein.

Strader:

Dem besten Wege,

Den wir nun treffen können,

Vertrauend folgen

Und unsre Vorsicht brauchen:

Das wird das Ziel uns gehen.

Capesius:

Mich dünkt, man sollte

Vom Ziele lieber schweigen.

Es wird sich finden,

Wenn mutig wir gehorchen

Dem Trieb der innern Wesenheit.

Und mir sagt dieser Trieb:

Das Wahre sei dir Führer;

Entfalte starke Kräfte

Und forme sie in edler Art

In allem, was du wirkst,

Und deine Schritte müssen

Ans rechte Ziel gelangen.   |66

Strader:

Doch darf vom Anbeginn

Bewußtsein rechter Ziele

Ermangeln nicht den Schritten,

Die Menschen Nutzen bringen

Und Glück erschaffen wollen.

Wer nur sich selber dienen mag,

Er folgt allein dem Herzensdrang;

Wer andern aber helfen will,

Muß sicher wissen,

Was seinem Leben nötig ist.

(Die andre Maria wird - ebenfalls in Seelenform - sichtbar.)

Doch sieh, welch sonderbares Wesen!

Es ist, als ob der Fels

Es selbst geboren hätte.

Aus welchem Weltengrund

Erstehen solche Wesen?

Die andre Maria:

Ich ringe mich durch Felsengründe

Und will der Felsen eignen Willen

In Menschenworte kleiden;

Ich wittre Erdenwesenheit

Und will der Erde eignes Denken

Im Menschenkopfe denken.

Ich schlürfe reine Lebenslüfte,

Und bilde Luftgewalten

In Menschenfühlen um.

Strader:

Dann kannst du uns nicht helfen.

Was in Natur verbleiben muß,

Ist fern dem Menschenstreben.

Capesius:

Ich liebe deine Sprache, Frau,

Und möchte gerne übersetzen

In meine Art die Deine.   |67

Die andre Maria:

Mir wird so sonderbar

Bei euren stolzen Reden.

So wie ihr selber sprecht,

Ist unverständlich meinem Ohr.

Doch lasse ich erst eure Worte

Aus meinem Wesen anders tönen,

Verbreiten sie sich über alle Dinge,

Die meinen Umkreis füllen,

Und deuten ihre Rätsel.

Capesius:

Ist Wahrheit deine Rede,

So wandle uns

Die Fragen nach den rechten

Lebenswerten in deine Sprache,

 So daß Natur uns Antwort gebe.

Denn unvermögend sind wir selbst,

Die große Mutter so zu fragen,

Daß sie uns hören kann.

Die andere Maria:

Ihr seht in mir die niedre Schwester nur

Des hohen Geisteswesens,

Das jenes Reich bewohnt,

Aus dem ihr eben kommt.

Sie hat dies Feld mir angewiesen,

Daß hier ich ihren Abglanz

Für Menschensinne zeige.

Capesius:

So sind dem Reiche wir entflohn,

Das unsre Sehnsucht stillen könnte?

Die andre Maria:

Wenn ihr den Weg zurück

Nicht wieder findet,

Gedeiht ihr nimmermehr.

Capesius:

Und welcher ist der rechte Weg?   |68

Die andre Maria:

Es gibt der Wege zwei.

Erwächst mir meine Kraft zu ihrer Höhe,

So können alle Wesen meines Reichs

In hehrster Schönheit strahlen.

Es glänzt dann funkelnd Licht

Von Fels und Wasser;

Der Farben reichste Fülle

Verbreitet sich im Umkreis,

Und Heiterkeit der Wesen

Erfüllt die Luft mit frohen Tönen.

Ergibt sich eure Seele dann

Den reinen Wonnen meines Seins,

So schwebet ihr auf Geistesflügeln

Im Weltenurbeginne.

Strader:

Das ist kein Weg für uns.

Er heißt in unsrer Sprache Schwärmerei.

Wir wollen auf dem Boden bleiben,

Nicht in die Wolkenhöhen fliegen.

Die andre Maria:

Und wollt ihr wandeln

Den andern Weg,

Ihr müßt verzichten

Auf euren stolzen Geist.

Vergessen, was Vernunft gebeut,

Natursinn erst erobern eurem Wesen,

In Mannesbrust die Kindesseele,

Von des Gedankens Schattenbildern unberührt

Natürlich walten lassen.

So kommt ihr zwar nicht wissend,

Doch sicher zu des Lebens Quellen.

(Die andre Maria verschwindet.)

Capesius:

So sind wir doch

Auf uns nur selbst zurückgewiesen.

Und haben bloß gelernt,   |69

 Daß uns geziemt zu wirken

Und in Geduld die Früchte zu erwarten,

Die aus dem Wirken reifen.

Johannes (wie aus der Meditation; er ist hier wie auch im Folgenden abseits sitzend und gehört nicht selbst in die Handlung hinein):

So finde ich im Seelenreich

Die Menschen wieder, die bekannt mir sind:

Den Mann, der von Felicias Geschichten sprach ‒

Nur konnt’ ich hier ihn schauen,

Wie er in jungen Jahren war;

Und jenen, der als junger Mann

Zum Mönche sich bestimmt ‒

Als alter Mann erschien er mir.

 

Der Geist der Elemente war bei ihnen.    |


Die Pforte

der Einweihung

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